Rick Rypien, Derek Boogaard und Kopfverletzungen
Hallo liebe PPM-Leserschaft
Heute möchte ich euch über weniger erfreuliche Dinge informieren und später im Text ein ebenfalls brisantes und hochaktuelles Thema anschneiden.
Als ich am Dienstag gegen viertel 7 in der Früh auf dem Weg zur Arbeit meine Twitternachrichten abrief und die schon einige Stunden alten Einträge las, lief mir ein kalter Schauer über den Rücken: Gerüchte über den Tod von Rick Rypien kursierten im Netz. Wenige Minuten später las ich dann die noch sehr frischen Bestätigungen seines Todes von Seiten der Vancouver Canucks (für die er 6 Jahre lang spielte) und den Winnipeg Jets, denen er sich erst wenige Wochen zuvor anschloss. Rick Rypien hatte schon in der Vergangenheit mit persönlichen Problemen zu kämpfen, so wurden auch Depressionen nicht selten mit seinem Name verbunden. Ein Familienangehöriger fand den gerade einmal 27jährigen dann am 15. August in seiner Wohnung in Crowsnest Pass/Alberta auf. Zur Todesursache gibt es bisher noch keine mir bekannten Aussagen.
Leider ist er nicht der Erste zu jung verstorbene NHL-Profi diese Saison, erst am 13. Mai verstarb Derek Boogaard. Im Gegensatz zu Ricks Tod weiß man hier schon woran er verstarb, nämlich an einer Überdosis Oxycodon (ein starker "Painkiller") in Kombination mit Alkohol. "Fahrlässig" mag man jetzt sagen, vertragen sich Alkohol und Arznei doch eher schlecht, jedoch möchte ich zu bedenken geben, dass Derek schon länger Probleme hatte, ohne Schmerzmittel zu leben, auch ein Entzug hatte er schon hinter sich.
Das Problem hierbei ist jedoch ein Anderes: Laut eigener Aussagen hatte Derek teilweise so starke Schmerzen, dass er ohne die Schmerzmittel nicht mehr spielen konnte, was dann später zu seiner Abhängigkeit führte. Ein Spieler riskierte also seine Gesundheit um spielen zu können, das lässt "tough-guy" gleich in einem anderen Licht erscheinen und macht seinen Tod noch tragischer, denn er wäre in meinen Augen vermeidbar gewesen, denn so sollte es eigentlich Aufgabe der Teamärzte sein, einzuschätzen ob ein Spieler bereit ist aufs Eis zu gehen, und nicht davon abhängen, ob er genug Schmerzmittel genommen hat (was natürlich voraussetzt, dass der Spieler den Ärzten auch von Problemen berichtet).
Seine Familienangehörigen gaben wenig später sein Gehirn zur Forschung frei (an das Sports Legacy Institute, das zusammen mit der Boston University Medical School Sportlergehirne aus Vollkontaktsportarten mit besonderem Blick auf Rückbildungen untersucht, resultierend aus Gehirnerschütterungen und anderen Traumata).
Und das lässt mich überleiten zu einem (eigentlich immer) aktuellem Thema im Profi-Eishockey: Kopfverletzungen.
Pat Lafontaine, Keith Primeau, Paul Kariya (um nur ein paar zu nennen)...all diese Spieler hatten während ihrer aktiven Zeit mit argen Gehirnerschütterungen zu kämpfen, bis auf Kariya beendeten alle ihre Profikarrieren früher als gedacht oder mussten lange Zeit pausieren. Das Paradebeispiel für ein frühzeitiges Karriereende dürfte aber wohl Eric Lindros sein: ausgestattet mit einem wuchtigen Körper und einem überdurchschnittlichen Talent brauchte es aber nicht lange um ihn zum Karriereende zu zwingen, harte Checks in einem harten Sportgeschäft forderten ihren Tribut, und so waren es die zahlreichen Gehirnerschütterungen die ihm letzlich zu früh in die Knie zwangen.
Patrice Bergeron ist ein weiteres Beispiel, wie es in jungen Jahren schon zum beinahe Karriereende wegen Kopfverletzungen kommen kann, und auch sein Teamkollege Marc Savard steht momentan an einem kritischen Punkt. So erlitt er innerhalb von 10 Monaten 2 Gehirnerschütterungen (eine durch den umstrittenen Matt Cooke-Check um den es später noch einmal gehen wird) und es ist nicht klar, ob er überhaupt noch einmal als Profi das Eis wird betreten können.
Mit dem Winter Classic Spiel unter freiem Himmel zu Neujahr verbinden viele eher positive Eindrücke, doch für Sidney Crosby wurde dieses Spiel eher zum Albtraum. David Steckel erwischte ihn, als er kurz zur Seite schaute und ihn nicht kommen sah, mit zu viel Schwung. Dennoch wurde er nicht aus dem Spiel genommen und tauchte später wieder auf. Das nächste Spiel bestritten die Penguins gegen die Tampa Bay Lightning und nach einem relativ harmlosen Check von Victor Hedman wurde klar, dass mit Sidney etwas nicht stimmte. Obwohl diese Vorfälle nun mittlerweile 8 Monate zurückliegen, wurde er noch immer nicht für Vollkontakttraining freigegeben, spätestens jetzt sollte klar werden, wir Ernst solche Verletzungen zu nehmen sind.
Die NHL muss etwas tun um ihre Spieler zu beschützen! Eine erste Maßnahme wurde direkt nach dem Matt Cooke Check gegen Marc Savard eingeleitet. Hierbei kam Matt seitlich und leicht von hinten auf Marc zu, dieser konnte ihn garnicht sehen, da er aus dem toten Winkel heraus auf ihn zu fuhr. Die Folge war ein vernichtender Check, der Savard zu einer langen Pause zwang. Die Verantwortlichen reagierten prompt, so wurde Cooke zwar nicht gesperrt, da er gegen keine geltende Regel verstieß, jedoch fügte man ein weiteres Vergehen in den Strafenkatalog hinzu: die berüchtige "Rule 48-Illegal Check to the Head". So sind die sogennanten "lateral or blind side hits to an opponent where the head is targeted and/or the principal point of contact", also Checks aus dem toten Winkel und/oder seitlicher Richtung die Kopf und Nackenbereich treffen, sofort mit einer 5min major-Strafe + Spielverweis (eine major-Strafe verbunden mit einem Spielverweis ist eine große Strafe die eine automatische Nachuntersuchung in einem Disziplinarverfahren durch einen Ausschuss zur Folge hat, die zu einer Geldstrafe und sogar Spielsperren führen kann) zu ahnden.
Was passiert jedoch bei Checks mit Verletzungesfolge die nicht nach einem solchen Muster verlaufen?
Anführen sollte man hier wohl den Zwischenfall Chara/Pacioretty. Aus einem relativ harmlosen Spielzug wurde eine ernste Verletzung, aus einer Behinderung, wie sie in fast jedem Spiel vorkommt, wurde ein Strafverfahren, und das nur, weil im Bereich der Spielerbänke keine richtige Bande ist, sondern ein nur mäßig gepolsterter Pfosten steht. Nun kann man natürlich Chara nicht komplett entschuldigen, so sollte jeder Spieler zu jedem Zeitpunkt wissen wo er sich befindet und in welchem Bereich er einen Gegner wie checken kann, dennoch halte ich die ganze Aktion für einen ganz dumm gelaufenen Unfall.
Was nun sollte die NHL tun? Ist es nur Berufsrisiko; Checks mit Verletzungefolge rigoros verfolgen? Ein sehr strittiges Thema und eine Gratwanderung, ist man zu streng nimmt es dem Sport die Härte auch an den Stellen, wo es eigentlich garnicht angedacht wurde, ist es zu mild werden Crosby und Savard nicht die letzten Opfer fahrlässiger Spielweise werden. Fakt ist aber, dass man in den Bereichen wo man direkten Einfluss hat, nämlich in Bandenbereichen/Spielerbänken oder auch bei der unsinnigen Icingregelung (erst wenn ein verteidigender Spieler den Puck berührt gibt es Icing, das führt häufig zu Wettrennen...eine Verletzungsgefahr ist da natürlich sofort gegeben) handeln sollte, bei typischen Eishockeyspielzügen, wie sie nunmal im Falle Chara sehr ungünstig ausging (Pacioretty wird übrigens wieder spielen können, seine Verletzungen waren relativ milde, was die Sache aber keines Falls verharmlost), sollte man jedoch nachsichtig sein. Auch über die Abschaffung der Instigator-Regelung, also einer Bestrafung eines Spielers mit Spielverweis nach einem "Rache"-Fight sollte wieder nachgedacht werden, denn auch Gretzky hatte so viel Spielraum für seinen Zauber, weil er mit Marty McSorley immer seinen persönlichen Bodyguard dabei hatte, was heute undenkbar geworden ist. Viele sind auch gegen die immer weiter schreitende Panzerung, die viele Spieler desensibilisieren könnte...Ideen gibt es viele, ich bin gespannt wie schnell die Liga wird handeln können (Infos zum Research, Development and Orientation Camp -kurz RDO- der NHL, was Regeländerung vor Saisonbeginn testet, gibts hier: klick ; dieses Jahr passend zum Thema im Programm: Icingvariationen, Aufweichung der Halten-Bestrafung ("bear-hug") um etwas Tempo aus dem Spiel zu nehmen, kabellose Kommunikation zwischen den Schiris, rundes Plexiglas im Spielerbänke-Bereich).
Aber Fakt bleibt: Eishockey ist hart und schnell...und soll es auch bleiben, denn so lieben wir diesen Sport nunmal.
Ich bin sehr an euren Meinungen interessiert, dieses Thema beschäftigt mich schon länger und viele Meinungen bringen eine große Sicht auf die ganze Problematik, so bin ich ja auch kein Mediziner und kann die Tragweite solcher Verletzungen eher schlecht abschätzen, vllt. kann ja der Eine oder Andere noch entscheidend zum Thema beitragen und fachlich fundierteres Wissen als meines ergänzen, gerne auch im Eishockey-Thread hier im Forum, dazu haben wir es ja.
Ich danke für eure Aufmerksamkeit...man liest sich.
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