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Das Fussballjahr 2012 - Ein vorläufiger Rückblick, Teil 3


Ein persönlicher Kommentar von wohlnixx

2012, Kalenderwoche 26. Die wird bestimmt auch nicht besser als die 25 anderen zuvor. Sie fängt jedenfalls schonmal scheisse an. Der Spielplan für die Bundesligasaison 2012/2013 wird veröffentlicht. Fortuna startet in Augsburg. Auswärtssieg. Gut. Aber dann kommt schon Gladbach. Mein Schwager ist Gladbach-Fan. Sonst ist er aber ein netter Kerl. Natürlich wollten wir das Derby gemeinsam ansehen. Aber: das erste Heimspiel der Fortuna wird ein Geisterspiel. Ich bin (Achtung, Wortspiel!) begeistert. Die Lokalpresse wettert gegen den DFB. Was für 'ne Gemeinheit, die haben das Derby extra so gelegt! Na, klar. Erstens obliegt die Spielplanerstellung der DFL, und zweitens ist das eine komplexe Angelegenheit, bei der viele Faktoren mit einfliessen, aber ganz bestimmt nicht der Hintergedanke, der Fortuna absichtlich das Niederrheinderby zu versauen. Scheisse ist es trotzdem. Fortuna hat Einspruch eingelegt. Der ist bestimmt so erfolgreich wie die letzte Umweltkonferenz der UN. Das war auch so eine Veranstaltung, die voll und ganz ins Jahr 2012 passt. 20.000 Leute treffen sich in Rio und kümmern sich als erstes um die Abschlusserklärung. Das ist ungefähr so sinnig, als bekäme man bei der Geburt gleich seinen Nachruf samt Sterbeurkunde in die Hand gedrückt. Jeder macht sich eben so gut lächerlich, wie er kann. Wenn das in Brasilien immer so läuft, dann brauchen wir die WM 2014 ja gar nicht mehr auszuspielen. Aber erstmal bringen wir sowieso die EM hinter uns. Die Fussball-EM, versteht sich. Beim Zappen fällt mir nämlich auf, dass im Moment tatsächlich noch eine Leichtathletik-EM läuft. Und das ein paar Wochen vor Olympia. Kamen die Spiele in London für den Europäischen Leichtathletik-Verband irgendwie überraschend, oder warum hat man es nicht hinbekommen, diese Veranstaltung etwas früher im Kalender zu terminieren? Da muss ja wieder ausgebildetes Fachpersonal am Werk gewesen sein. Deutschland schneidet übrigens ziemlich gut ab. Beste Nation. Für London stimmt mich das dennoch nicht zuversichtlich. Europäische Leichtathleten sind im Vergleich zur Weltspitze ja fast schon so zweitklassig wie Michael Preetz als Bundesliga-Manager.
Aber kommen wir zurück zum Hauptevent. Fußball-EM. Deutschland ist im Halbfinale. Das ist unser Anspruch, das ist Pflicht, da gehören wir hin. Ab da kann dann sowieso alles passieren, vor allem gegen Italien. Aber erstmal das iberische Bruderduell. Verwandt ist da aber wohl niemand miteinander. Obwohl... der Ronaldo könnte die kleine Schwester vom Casillas sein. Aber lassen wir das. Portugal spielt gut. Weil sie mit und nach vorn spielen. Das hätten sie gegen Deutschland auch machen sollen, anstatt mit acht Mann hinten drin zu stehen. Die Spanier zwingen sie jedenfalls ins Elfmeterschiessen. Immerhin. Da versemmelt es dann Bruno Alves, der aussieht, als hätte er seinen letzten Elfer im Knast verwandelt. Mit dem Gesicht gehört man auf ein Fahndungsfoto von Interpol, aber nicht in die Nationalmannschaft. Portugal scheitert am grossen Bruder. Da tut mir für 2,78 Sekunden sogar der Ronaldo leid, der seinen Elfer nicht mal mehr schiessen darf. Gut, dann eben wieder gegen Spanien im Finale. Is mir wurscht, diesmal sind sie fällig!
Zweites Halbfinale. Und wieder werden Statistik und Geschichte bemüht. Noch nie ein Pflichtspiel gegen Italien gewonnen. Ja, ja. Wahrscheinlich werde ich mir in 40 Jahren auch noch was von Cordoba anhören müssen, wenn wir gegen Österreich spielen. Wundert mich, dass die ihre Hauptstadt noch nicht umbenannt haben. Gegen die Tifosi setzt Löw auf Gomez und Poldi. Kann man machen, muss man aber nicht. Egal. Die Deutschen beginnen gut, haben mehrfach die Chance auf die Führung, aber auch ein wenig Pech. Und die einzige echte Fussballweisheit, die auf ewig Gültigkeit haben wird, bewahrheitet sich auch heute wieder: Wenn du sie vorne nicht machst, kriegst du sie hinten rein. Cassano schlängelt sich an Hummels vorbei, der in dieser Szene so unbeholfen wirkt wie eine Nonne im Pornokino, und flankt auf Balotelli. 0:1. Wie aus dem Nichts. Aber wenigstens fällt das Gegentor früh. Genug Zeit. Doch dann: Auftritt Balotelli, die Zweite. Langer Pass, Ballannahme, Schuss, 0:2. Mario Balotelli. Ich weiß nicht, wie viele glasklare Dinger der Bursche während der EM bisher vergeigt hat. Aber gegen uns: 2 Chancen, 2 Treffer. Na, klar.
Höre ich da jemanden lachen? Das kann nur der Fussballgott sein. Der hat seinen Spaß und gönnt dem Stürmer mit ghanaischen Wurzeln eine Sternstunde, um Deutschland den Abend so richtig zu versauen. Nach der Pause kommen Klose und Reus, und Deutschland drängt auf den Anschlusstreffer. Doch die Bude ist wie vernagelt. Die können noch Stunden spielen, ohne ein Tor zu machen. Solche Tage gibt es. Im Halbfinale einer EM ist das eher suboptimal. Ich bin trotzdem seltsam entspannt. Früher hätte ich erst vor Wut geschäumt und dann geheult wie ein Fünfjähriger bei der Tetanusimpfung. Diesmal stecke ich das Aus besser weg. Ist auch besser für meinen Blutdruck und die Gastritis, die mich seit Wochen plagt. Ich werde alt. Gastritis. Vor ein paar Jahren dachte ich noch, das wäre ein griechischer Nationalspieler. Genau wie die Griechen bekommen wir kurz vor dem Abpfiff noch einen Handelfmeter. Aber genau wie die Griechen dürfen auch wir vorzeitig nach Hause fahren. Vor den Italienern muss ich als objektiver Fußballfan allerdings den Hut ziehen. Vorne gnadenlos effektiv und danach hinten gut verteidigt. Das grösste Manko der Deutschen waren wie so oft die Ecken, die keinerlei Gefahr bringen, aber auch die Flanken aus dem Halbfeld, die allesamt auf dem Kopf eines Italieners landeten. Das war's dann, aus der Traum vom letzten Titel, der 2012 vergeben wird. Die Deutschen haben trotzdem ein tolles Turnier gespielt. Das hält Korniferen wie Spochtkamerad Beckmann nicht davon ab, gleich nach dem Spiel plötzlich alles in Frage zu stellen, was gestern noch gepasst hat. Den sollte man mal mit einem Geisterspiel bestrafen.
Dafür sagt Kollege Scholl was Interessantes: "Italien hat mit zwei Stürmern gespielt, die kreuz und quer liefen und vorne machten, was sie wollten. Damit sind unsere Verteidiger nicht zurecht gekommen." Aha. Vielleicht sollten sich die Fussballexperten rund um den Globus mal Gedanken darüber machen. Zwei Stürmer. Und das in Zeiten, in denen der Beruf des Stürmers auszusterben droht wie der des Leuchtturmwärters oder des Schiffsschaukelbremsers.
Die Spanier treiben es im Finale auf die Spitze und kontern das 4-4-2 der Italiener mit einem 5-5-0. Kein echter Stürmer. Da vermisse ich ja fast Taktiken wie 4-1-2-1-1-1 (oder so ähnlich). Da war man wenigstens noch gezwungen, richtig im Kopf zu rechnen, ob da nicht ein Feldspieler zuviel auf dem Platz steht. Bei 5-5-0 hat sogar der durchschnittliche RTL2-Zuschauer keine Schwierigkeiten. Falls doch, könnte er einfach die Finger der linken und der rechten Hand zusammenzählen. Wer jetzt auf 8 kommt, dem sei gesagt, dass die Daumen seit ein paar Jahren offiziell auch zu den Fingern zählen...
Das Finale ist zeitig entschieden. Balotelli findet nicht statt, der hat sein Pulver gegen uns verschossen. Quelle surprise. Spätestens, als der gute Montolivo nach der Pause unverständlicherweise ausgewechselt wird und Ersatzmann Motta nur 4 Minuten später verletzt ausscheidet, ist der Drops gelutscht. Italien kann nicht mehr wechseln und muss mit 10 Mann weiterspielen - ein hoffnungsloses Unterfangen. Spanien straft alle, die vor dem Spiel auf das tiki taka geschimpft haben (mich eingeschlossen) und spielt das Finale sauber zu Ende. 4:0, Rekordergebnis für ein EM-Finale, Titelhattrick, ein Superlativ jagt den nächsten.
Was nur wir Deutschen wissen: das ist unser Titel. Wie schon 2010. Wieso sagt das den Spaniern vor dem Turnier keiner? Muss ich mich denn um alles selbst kümmern?
Vielleicht gehen wir das Problem von der falschen Seite an. Vielleicht ist das fussballerisch einfach nicht zu lösen. Vielleicht muss uns unsere Kanzlerin helfen. Wenn die beim Platini durchbekäme, dass nur noch Länder an der EM teilnehmen dürfen, deren Arbeitslosenquote unter 20% liegt und deren Hymne einen Text hat, wären die Spanier schonmal draussen. Für Italien müsste man dann andere Kriterien heranziehen. Zum Beispiel: Wer in den letzten 20 Jahren dreimal einen hirnamputierten, dauergeilen Schwanzlurch zum Ministerpräsidenten gewählt hat, darf nicht mitspielen.
Wenn man es genau betrachtet, lief aber eigentlich alles wie gehabt. Ein vermeintlicher Titelfavorit (Holland) scheidet in der Vorrunde aus, England versiebt ein Elfmeterschiessen, Portugal und Deutschland scheitern kurz vor Schluss, und Spanien gewinnt den Titel. Hat es alles so oder so ähnlich in den letzten Jahren schon gegeben. Warum also tue ich mir diesen Quatsch immer noch an? Weil Fussball der geilste Sport der Welt ist. Fußball verlangt allen Beteiligten alles ab. Kraft, Ausdauer, Technik, Spontanität, Raffinesse, Ideenreichtum, Intelligenz. Letzteres ist der Hauptgrund dafür, dass der Sport in den USA nicht so richtig Fuss fassen kann. Und dass es keine Ergebnisse wie 72:48 gibt.
In zwei Jahren geht es in Brasilien weiter. Die Qualifikation sollte da kein grosses Problem darstellen. Zweimal wird dabei wieder "Cordoba, Cordoba!" geschrien werden. Und zweimal müssen wir unseren südlichen Nachbarn wieder die Laune verderben. Sorry vorab nach Cordoba... äh... Wien.
Das Fussballjahr 2012 ist halb vorbei. Bisher ist nixx Gescheites dabei rum gekommen. Also warten auf die zweite Hälfte und den Start der Bundesligasaison. Ob ich da als Fortuna-Fan allerdings mehr zu lachen habe, wage ich zu bezweifeln.