Zeit:

Deine Teams:
Kommunikation
Public account
  PRO Zone
1330 Credits
Credits kaufen
Du bist im öffentlichen Konto. Wenn du das Spiel spielen, oder dich bei den Diskussionen einbringen möchtest, musst du dich einloggen. Wenn du neu dabei bist, musst du dich erst registrieren.

  PowerPlay Magazin

Da is das Ding! - Ein WM-Rückblick von Wohlnixx Teil IV


Da is das Ding! - Ein WM-Rückblick von Wohlnixx Teil IV

 

Ein persönlicher Kommentar von wohlnixx zur Fußball-WM 2014 in Brasilien.

 

Viertelfinale

Urs Meier ist der letzte Schweizer im Turnier. Zumindest für die Zuschauer des ZDF. Sepp Blatter ist auch Schweizer. Und den kritisiert Ex-Schiri Meier gezielt ob der teils erschreckend schwachen Schiedsrichterleistungen bei dieser WM. Die Unparteiischen schützen die Spieler nicht genug, so der Vorwurf. Da bin ich voll bei ihm. Es werden viel zu selten gelbe und vor allem rote Karten gezeigt. Blatter geht auf den Vorwurf nicht groß ein und kritisiert im Gegenzug lieber Urs Meier. Das macht ihn nicht gerade sympathischer. Wo Blatter auftaucht, erntet er ein gellendes Pfeifkonzert. Er winkt ab. „Lasst sie pfeifen. Rockstars werden auch ausgepfiffen.“ Aha. Wann und wo denn? Auf ihren Konzerten jedenfalls nicht. Und vergleicht sich der Dunkle Lord der FIFA tatsächlich mit einem Rockstar? Das wäre so, als vergleiche sich Angela Merkel mit einem Supermodel oder Florian Silbereisen mit einem richtigen Showmaster. Naja, der hat wenigstens Helene Fischer abgekriegt, wie auch immer er das angestellt hat.

Das einzige, was bei Blatter ähnlich läuft wie bei vielen Rockstars, sind seine Beziehungen. Drei Ehen hat er hinter sich, die vierte bahnt sich gerade an. Es gibt also immer wieder Frauen, die auf selbstverliebte, alte Schmierlappen stehen. Macht macht eben sexy. Das südlich der Schweiz gelegene Viagra-Testgelände namens Silvio wird das bestätigen. Der steht während der WM nochmals vor Gericht. Nicht wegen Blödheit, wie es eigentlich richtig wäre. Die ist seltsamerweise auch in Italien noch nicht strafbar. Das Verfahren wegen Sex mit der minderjährigen Prostituierten Ruby geht in Berufung. Nach der WM wird er freigesprochen. Warum weiß keiner. Wahrscheinlich hat Ruby höchstpersönlich alle Vorwürfe weggeblasen. Lassen wir das. Es gibt Wichtigeres. Das Viertelfinale.

Doch vorher erlaube ich mir, einen anderen sportlichen Vergleich zu ziehen: ARD gegen ZDF. Opdi & Mehmet gegen Olli & Olli.

Mit den beiden TV-Moderatoren hab ich es nicht so. Woran das bei Opdenhövel liegt, vermag ich gar nicht so genau zu sagen. Olli Welke hingegen finde ich einfach unlustig. So was kommt dabei raus, wenn man einen Comedian zum Sportmoderator macht oder umgekehrt. Mit seinem riesigen Wasserkopp sieht er aus wie ein fehlgeschlagenes Genexperiment, eine Kreuzung aus Claudia Roth und Jabba the Hutt. Diese beiden sind allerdings amüsanter. Da kann ich mit seinem Sidekick Titan-Kahn schon mehr anfangen. Der allerdings muss sich seinen Fehler aus dem Finale von 2002 gegen Brasilien immer häufiger ansehen, desto weiter das deutsche Team im Turnier vorrückt. Er bleibt zwar gelassen und lächelt jedes Mal höflich, wenn Welke die olle Kamelle ausgräbt und zum Besten gibt, aber gerade zum Ende hin habe ich das Gefühl, er würde ihm gerne mal ordentlich eine knallen. Aber der Titan kann sich inzwischen beherrschen. Mehmet Scholl hat da allerdings manchmal Probleme. Selbstverständlich rastet er nicht vor der Kamera aus, aber hin und wieder kann man ihm ansehen, dass sein Kragen kurz davor steht zu platzen. Dabei haben es ihm oftmals die Schiedsrichter angetan. Opdenhövel ist stets bemüht, Scholls Gemüt zu kühlen, doch das gelingt ihm selten. Vor allem im Viertelfinale hat Mehmet allen Grund, vor Wut rot anzulaufen. Aber ich greife vor.

Erst mal läuten Deutschland und Frankreich die Runde der letzten Acht ein. Die Tricolore beginnt rasant, doch Neuer erwischt wieder einen guten Tag. Und nach einer knappen Viertelstunde klingelt‘ s schon im Gebälk der Franzosen. Mats Hummels köpft das 1:0 nach einem Freistoß von Toni Kroos. Ich springe auf und brülle dem Fernseher aus zehn Zentimetern zu, dass der Ball verdammte Scheiße nochmal drin ist. Ich bin meine eigene Torlinientechnologie. Meine Frau wirft mir einen Blick zu, der für sich selbst spricht. Irgendwo zwischen „Hast du sie noch alle?“ und „Du weißt doch, dass die Anspannung irgendwie raus muss“ einigen wir uns darauf, dass man sich während eines WM-Viertelfinales nicht in die Haare bekommt und Mats Hummels beim Torjubel ziemlich sexy aussieht. Weiter geht’s. Konzentriert bleiben. Ein Arbeitskollege mahnt mich derweil per Kurznachricht, nicht zu Optimistisch zu sein. Unsinn. Ich bin grenzenloser Optimist. Anders geht es gar nicht. Stellen sie sich mal vor, die Rebellen wären vor dem Angriff auf den Todesstern pessimistisch an die Sache rangegangen. Ein Bombe in so einen winzigen Schacht zu werfen, wie groß waren da wohl die Chancen, dass das klappt?! Diese heikle Nummer konnten Luke und seine Jungs nur mit grenzenlosem Optimismus erfolgreich durchziehen. Gut, so was klappt nicht immer. Optimismus ist kein Allheilmittel. Siehe FDP vor jeder Wahl.

Aber die DFB-Elf hat auch mehr als das zu bieten. Dank Lahm auf rechts und den beiden Sechsern im Mittelfeld stehen die Deutschen sehr sicher. Löw hat seine Lehren aus dem Achtelfinale gezogen. Es gelingt zwar nicht, die französische Offensive ganz auszuschalten, aber die DFB-Elf hat das Spiel über weite Strecken gut im Griff. Kurz vor dem Abpfiff gelingt es Benzema noch einmal, in den Strafraum einzudringen. Er zieht ab und trifft den dritten Pfosten, der plötzlich mitten im Tor steht. Der ist grün und entpuppt sich als Neuers Arm. Und rettet den Sieg. Endlich pfeift der Schiedsrichter ab. Halbfinale! Ich bin restlos im Eimer. Zu viel Adrenalin, zu viel Bier. Ich steige auf Wasser um, doch das rettet mich nicht mehr. Um halb Zehn muss ich mir eingestehen, dass der Abend gelaufen ist. Ich werde nicht alt, ich bin es! Meine Frau und ich schmieden einen verwegenen Plan. Brasilien gegen Kolumbien aufnehmen, morgen früh kein Radio, kein Internet, und direkt zum Fernseher, um das Spiel zu gucken. So wird es gemacht. Ich liege um zehn Uhr im Bett. Halb betrunken, aber vollends glücklich. Wir sind im Halbfinale!

Am anderen Morgen um sieben schlagen wir die Augen auf. Küsschen, Kaffee, und los geht’s. Wer ist am Dienstag unser Gegner?

Brasilien geht früh in Führung. Die wollen es wissen. Vor dem Spiel gab es Spekulationen darüber, warum die brasilianischen Spieler schon bei der Hymne Rotz und Wasser heulen. Vielleicht, weil sie Deutschland im Halbfinale vor Augen haben?

Doch da hat Kolumbien was dagegen. Das Spiel nimmt an Fahrt auf. Und legt an Härte zu. Härte, die der Schiedsrichter unverständlicherweise nicht unterbindet. Ich kann es verstehen, dass Schiris eine Partie nicht zerpfeifen wollen. Aber solche Spiele, die von beiden Teams durch dutzende Fouls förmlich zertreten werden, kann man gar nicht zerpfeifen. Es wird das brutalste Spiel dieser WM mit den meisten Fouls. Konsequenz: Vier gelbe Karten. Liebe FIFA, lieber Sepp, ist das wirklich so gewollt?

Die Höhepunkte der 2.Hälfte in der Zusammenfassung: In der 64.Minute bekommt Thiago Silva Gelb, weil er den Torwart beim Abschlag behindert. Blöder geht es kaum. Der Abwehrchef ist für das Halbfinale gesperrt. Soll mir recht sein. Wenn ich Trainer wäre, würde der am nächsten Tag für so viel Blödheit den ganzen Tag um den Trainingsplatz laufen. Und wenn er dann bei Sonnenuntergang fragen würde „Trainer, kann ich jetzt aufhören?“, dann würd‘ ich ihm ‘ne Backpfeife verpassen und bis Mitternacht weiterlaufen lassen. In der 69.Minuten knüppelt David Luiz einen direkten Freistoß aus gefühlten achtzig Metern ins Tor. Nicht mit dem Spann, sondern mit der Innenseite seiner Schlappe. Watt für ‘ne Bude! 2:0, das Ding ist durch. Doch Kolumbien kommt nochmal. In der 80.Minute verwandelt James einen fälligen Elfmeter. Nur noch 2:1. Kolumbien gibt alles. Zuniga gibt zu viel. Ohne die Chance, an den Ball zu kommen, springt er Neymar mit dem Knie voran in den Rücken. Meine Frau und ich zucken zusammen. Ich denke sofort an eine Prellung der Wirbelsäule. Hatte ich mal, tut scheisse weh. Neymar wird vom Platz getragen, direkt in die Katakomben. Es gibt keinen Freistoß, keine gelbe (rote!) Karte für den Übeltäter. 88 Minuten sind gespielt. Brasilien verteidigt das 2:1 bis zum Schluss. Halbfinale. Neymar bekommt davon nichts mit. Bei ihm wird der Bruch eines Wirbelfortsatzes diagnostiziert. Er wird noch am Abend operiert. Für ihn ist die WM vorbei. Für viele Brasilianer auch. „Ohne Neymar sind wir nichts!“, heißt es auf der Copacabana. Trauer am Zuckerhut, trotz Einzug ins Halbfinale. Der Schock sitzt tief. Auch bei mir. Ich bin schockiert über das nicht geahndete Foul, über einen völlig überforderten spanischen Schiedsrichter, und über den Ausfall eines der besten Spieler der Welt. Gerne hätte ich Neymar im Halbfinale auflaufen sehen, hätte gerne gesehen, wie Schweinsteiger und Khedira ihn aus dem Spiel nehmen. Mit fairen Mitteln. Ich hoffe inständig, dass der Kolumbianer Zuniga schnellstmöglich das Land verlässt. Egal wohin, nur weg. In Brasilien gibt es schließlich genug Fußballverrückte, und es ist schon einmal ein kolumbianischer Spieler nach einer WM erschossen worden. So was braucht kein Mensch.

Brasilien ohne Abwehrchef Thiago Silva gegen Deutschland. Und ohne Neymar. Er machte bisher den Unterschied, er hielt das brasilianische Spiel zusammen, er war das brasilianische Spiel.

Mehmet Scholl ist sauer. Nein, er ist wütend. Er reißt sich zusammen, aber seine Augen und die heftig arbeitenden Gesichtsmuskeln verraten dem Zuschauer, dass er Opdenhövel ohne zu zögern über die Brüstung der Terrasse werfen wird, falls der jetzt mit einem dummen Spruch um die Ecke kommt. Scholl spricht direkt nach dem Spiel offen aus, was Urs Meier später wiederholt und wofür er vom Sepperl gerüffelt wird. Spieler wie Neymar müssen geschützt werden. Die Gesundheit aller Spieler muss geschützt werden. Brutale Fouls gehören mit glatt Rot bestraft. Wo ist die Relation, wenn ein Torschütze beim Jubeln für das Ausziehen des Trikots Gelb bekommt, während Spieler wie Zuniga unbestraft das Spielfeld verlassen dürfen? Es ist unverantwortlich, wie sich einige Schiedsrichter hier verhalten. Und es ist unverschämt, wie die FIFA auf entsprechende Kritik reagiert, allen voran ihr Häuptling Weiße Weste.

Ich hoffe, ich erlebe es noch, dass der Pate seinen Hut nimmt. Abgesehen vom fiesen Ecclestone ist Blatter wohl der meist gehasste Mann im internationalen Sportbusiness. König Joffrey Baratheon hat bestimmt mehr Fans.

Die Frage ist nur, wer den FIFA-Boss dereinst beerben wird. Kann es nur besser werden, oder gibt es ein noch schlimmeres Übel für den Fußball, das irgendwo im Korruptionssumpf des Weltverbandes lauert, bis seine große Stunde geschlagen hat? Wahrscheinlich brauchen wir uns darüber die nächsten hundert Jahre keine Gedanken zu machen. Blatter hat bestimmt auch den Teufel geschmiert und sich einen entsprechenden Aufschub erkauft. Oder der Teufel will ihn in der Hölle gar nicht haben, weil er Angst um seinen Job hat. Und oben werden sie wohl frühzeitig die Pforte verrammeln, sobald der Seppel das Besteck abliefert. Aber genug davon.

Die beiden anderen Viertelfinale sind zum Abgewöhnen. Argentinien geht gegen Belgien in der 8.Minute 1:0 in Führung und steht im Halbfinale. Gähn. Holland macht es gegen Costa Rica spannend und braucht bis zum Elfmeterschießen, um das Tor einmal mehr zu treffen als der Gegner. Lahm. Alle sind sich einig: Brasilien gegen Deutschland ist das vorgezogene Endspiel. Wer da gewinnt, wird auch Weltmeister. Argentinien und Holland spielen auch in meinen Überlegungen nur noch eine Opferrolle. Da fehlt einfach etwas, um am Ende den Titel zu holen.

Im brasilianischen Lager wird derweil der Teamgeist beschworen. Ob der Neymar allerdings adäquat ersetzen kann, ist fraglich. Für den gesperrten Thiago Silva spielt Dante. Aber einen vernünftigen Ersatz für Neymar gibt es nicht. Nicht nur in Brasilien nicht, sondern nirgends auf der Welt. Ohne Frage sind Deutschlands Chancen auf den Einzug ins Finale gestiegen. Trotzdem würde wohl jeder lieber gegen ein Brasilien in Bestbesetzung spielen. Und gewinnen. Nicht, dass wir uns nachher anhören dürfen, gegen eine brasilianische B-Elf gewonnen zu haben

Fortsetzung folgt…